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"Schlimmer geht's nicht!"

MMag. Dr. Philipp Hagele,

Seit über 50 Jahren betreut und begleitet die Steuerberaterkanzlei Bangratz & Hagele Tiroler Unternehmen bei der Übergabe von der einen auf die nächste Generation.

Mit netzwerk Tirol hat Philipp Hagele über die dabei anfallenden Besonderheiten gesprochen und über worst case Szenarien.
I N T E R V I E W :
M A X I M I L I A N B R U S T B A U E R

Welche Herausforderung stellt sich für Sie als Steuerberater bei einer Betriebsübergabe?
Die Aufgabe eines Steuerberaters besteht bei einer Betriebsübergabe aus meiner Sicht zunächst darin, herauszufinden, wie sich die Beteiligten ihr Leben nach der Betriebsübergabe vorstellen.
Erst wenn wir die Vorstellungen der Mandanten kennen, können wir gemeinsam mit dem Kunden eine rechtliche und betriebswirtschaftliche Grundlage für den Fortbestand des Unternehmens erarbeiten. Standardlösungen gibt es also keine.

Inwieweit kann anlässlich einer bevorstehenden Übergabe der Wechsel der Rechtsform ein Vorteil sein?

Zwei Vorfragen sind wichtig zu klären: Will der Übergeber noch mitarbeiten? Und will er noch am Unternehmen beteiligt sein? Wenn hier erste Antworten vorliegen, stellt sich eine weitere Frage: Will das der Übernehmer auch? Erst wenn das
alles geklärt ist, kann man über Rechtsformwechsel und deren steuerliche Auswirkungen nachdenken. Insbesondere aber, wenn das Unternehmen bisher in der Rechtsform eines Einzelunternehmens
betrieben wurde, ist ein Rechtsformwechsel in jedem Fall anzudenken. Hier gibt es abhängig von der Unternehmensgröße unterschiedliche Menüs auf der Speisekarte.

Können Sie hier ein Beispiel nennen?

Man muss sich immer den Einzelfall anschauen. Wenn ich so allgemein wie möglich sein soll, dann kann ich folgendes schildern: Viele Unternehmer schätzen zu Beginn einer eingeleiteten
Firmenübergabe noch ein hohes Maß an Eigentum und Mitbestimmung. Dieses Maß kann und soll sich im Laufe der Jahre dann zugunsten der Übernehmer ändern. Bei bisher als Einzelunternehmen geführten Betrieben bietet sich häufig die Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG) an. Der bisherige Unternehmer wird Kommanditist und stellt der neu gegründeten KG beispielsweise das Betriebsgebäude zur Verfügung. Damit bleibt der Übergeber rechtlicher Eigentümer des Vermögens und vermeidet so aus steuerlicher Sicht eine Entnahmebesteuerung. Als Voraussetzung hierfür ist mit dem Übernehmer ein Zusammenschlussvertrag abzuschließen, welcher diesen Vorgang im Detail steuerlich und zivilrechtlich regelt. Diese Vorgehensweise dient einerseits zur Abdeckung der eigenen Lebenskosten, weil sich für den Übergeber natürlich die Einkommenssituation verändert. Andererseits ist der Übergeber auch vermögensrechtlich durch die auf die Haftung beschränkte Einlage besser abgesichert.

Sind derartige Umstrukturierungen für die Unternehmer nachvollziehbar?

Wir erstellen hierfür schriftliche Konzepte mit Planungsrechnungen, damit jeder Beteiligte weiß, was finanziell in
welcher Variante auf ihn in den nächsten Jahren zukommt und wie sich die gesamte Übergabe steuerlich und finanziell auswirkt. Dadurch wird alles kalkulierbar. Was bedeutet es beispielsweise, wenn man 2.000 Euro Mieteinnahmen als Übergeber hat, und was bedeutet das für den Übernehmer,
diese 2.000 Euro überhaupt zu erwirtschaften? Oder wie hoch wird ein weiterer Mitarbeiter im Unternehmen dann beim Übergeber besteuert.

Stehen in der unmittelbaren Zukunft Änderungen im Steuerrecht an, weswegen Sie raten, eher bald zu übergeben oder sollte zugewartet werden?

Durch die aktuelle Situation in der Bundespolitik ist davon auszugehen, dass sich in den nächsten ein, zwei Jahren nichts Wesentliches an den steuerrechtlichen Rahmenbedingungen ändern wird. Wo ich aber eine Klarstellung durch den Gesetzgeber begrüßen würde, ist die derzeit teilweise bestehende Rechtsunsicherheit bei vorzeitigen Alterspensionen im Zusammenhang mit der Stellung des Übergebers als Kommanditist und gleichzeitiger Vermietung von Betriebsliegenschaften des Unternehmens in Form einer Kommanditgesellschaft (KG). Abhängig vom Gesamtbild der Verhältnisse könnte die SVA eine Pflichtversicherung unterstellen, was zu einem Wegfall der vorzeitigen Alterspension und damit verbunden zur Rückzahlung der bisher bezogenen Bezüge führen könnte. Es gibt hierzu zwar höchstgerichtliche Entscheidungen, die SVA legt diese aber teilweise anders aus als wir in der Beraterbranche. Gerade derartige Gestaltungen sind in Tirol sehr häufig anzutreffen.

Was ist aus der Sicht des Steuerberaters das schlechteste Szenario für eine Betriebsübergabe?

Der Übergeber will von heute auf morgen übergeben. Und der Übernehmer hatte bisher keine leitende Funktion im Unternehmen. Schlimmer geht‘s nicht.

In der Hotellerie beispielsweise ist oft der Fall, dass die Familie eine Privatwohnung im Hotelgebäude hat. Was ist hierbei zu beachten?

Vorweg ist abzuklären, ob die Privatwohnung bisher steuerliches  Betriebsvermögen oder Privatvermögen darstellt. Sollte Betriebsvermögen vorliegen, dann ist die Wohnung zur Vermeidung von steuerlichen Nachteilen mitzuübergeben und den Übergebern ein Wohnrecht einzuräumen. Damit wird zivilrechtlich sichergestellt, dass sie dort wohnen bleiben  können, wenn das gewünscht ist. Auch zu regeln ist, wer die Betriebskosten für diese Wohnung zu übernehmen hat. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hat das „Noch-im-Betrieb-leben“ jedoch Vor- und Nachteile. Gerade diese Konstellation bringt sehr oft mit sich, dass die Übergeber faktisch nie aus dem Betrieb ausscheiden. In der Praxis erleben wir es derzeit umgekehrt sehr oft, dass die Übernehmer nicht mehr unbedingt im Hotelbetrieb wohnen möchten, sondern sich eine gewisse Privatsphäre aufbauen wollen.

Wie steht es um die Pensionsansprüche der Übergebenden. Was muss hier beachtet werden?

Wie bereits angesprochen, gibt es hier besonders viel, was zu regeln ist. Pensionsansprüche aufgrund vorzeitig erreichter Versicherungsdauer oder Invalidität können mit Fortführung der Mitarbeit in Widerspruch stehen. Da muss man sich entscheiden. Wenn ich in der vorzeitigen Pension bin, bin ich, vorerst, draußen. Es empfiehlt sich, auch vorab die zu erwartende Pensionshöhe berechnen zu lassen. Erst ab dem gesetzlichen Regelpensionsalter kann wieder dazuverdient werden.

Welche Möglichkeiten haben die Seniors nach der Übergabe, im Betrieb mitzuarbeiten?

Das hängt grundsätzlich von der betrieblichen und gesellschaftlichen  Struktur des Unternehmens ab: die Übergeber können, abhängig von pensionsrechtlichen Bestimmungen, entweder noch eine Geschäftsführertätigkeit inne haben, aber auch eine reine Kapitalgeber- und Kontrollfunktion im Unternehmen ausüben, siehe das vorhin angesprochene KG-Modell. Das ist die Bandbreite. Zudem können gewisse Geschäfte der Zustimmung des Übergebers vorbehalten sein, beispielsweise die Aufnahme von Darlehen, größere Investitionen ab bestimmten Beträgen oder aber auch der Verkauf des Unternehmens oder die Eröffnung einer Filiale.

Wie werden Sie Ihre Kanzlei übergeben?

Dafür ist es wohl noch etwas zu früh und wie bei jedem Unternehmen muss erst geschaut werden, ob das die Kinder überhaupt interessiert. Ich würde aber nach japanischem Vorbild die Übernehmer zunächst jede Abteilung durchlaufen lassen. Danach ist es wichtig, die Möglichkeit zu haben, sich zu spezialisieren und vor allem in einem anderen Unternehmen Erfahrungen zu sammeln. Erst wenn all diese Prozesse abgeschlossen sind, würde ich die Leitung schrittweise übergeben, weil man hierfür ein Allrounder sein muss und Managementkompetenzen benötigt und erlernen muss. Und mit der Spezialisierungsphase kann man neue Ideen entwickeln, hat aber gleichzeitig noch nicht den Druck des Tagesgeschäfts.

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